Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,
mir geht da ganz zart die Düse. Ich sitze in meinem Haus auf einer Ölheizung Baujahr 1991. Der Kessel brennt zwar sauber, aber die Steuerung schwächelt und beschert mir gelegentlich am Morgen ein eher kaltes Badezimmer. Berlin will, dass ich meinen Oldtimer entsorge. Ich will es ja auch.
Nur wie? Eine Wärmepumpe kostet nicht nur erheblich Geld, sondern ich muss auch noch rund 8 Monate darauf warten. Eine blöde Kombination, mit der ich hierzulande momentan nicht ganz allein bin. So hoffen die Hauseigentümer, dass es ihre Oldtimer im Keller noch einige Monate tun.
Berlin arbeitet zwar mit Hochdruck an der Gesetzesnovelle. Freilich steht jetzt schon fest, der deutsche Gesetzgeber wird sich zu einem neuen bürokratischen Monstergesetz aufschwingen. Wir werden wieder einmal alle Klischees bestätigen, die im befreundeten Ausland über uns umgehen.
Das Gesetz wird kommen, und zwar mit gefühlt 3.000 Ausführungsverordnungen und 6.000 Ausnahmen. So sollen offenbar Senioren (80+ Jahre) verschont bleiben und dürfen weiterhin auf die fossile Heizung setzen, zumindest als Selbstnutzer. Ist der Senior hingegen ein Vermieter, ist er nicht mehr schutzbedürftig und muss an die neue Technologie ran.
Noch eine Ausnahme von der Regel: Verreckt Ihr Ölbrenner nächstens, dürfen Sie ihn durch das gleiche System übergangsweise ersetzen. Nach spätestens drei Jahren müssen Sie aber die praktisch neue Heizung wieder ausbauen. Eine total sinnvolle Maßnahme.
Die nächste Ausnahme: Selbstverständlich wird das Gesetz „sozial abgefedert“. Sind Sie also arm, können Sie im Rahmen eines vermutlich 50-seitigen Antrags eine Härtefallregelung für sich beanspruchen. Sie können diesen Antrag zwar nicht ausfüllen, weil Sie das Dokument trotz bester Schulbildung nicht verstehen werden. Das macht dann für Sie ein Energieberater für rund 3.000 Euro. Aber bitte sorgen Sie sich nicht! Das wird garantiert ebenfalls gefördert.
Schluss mit der Ironie! Als Betreiber einer Öl– oder Gasheizung werden uns in den nächsten Monaten einige graue Haare wachsen, weil wir einige Herausforderungen zu bewältigen haben. Als Börsianer freilich werden wir an der Heizwende im wichtigsten europäischen Markt recht gut verdienen. Denn bei aller Unklarheit und Bürokratie steht fest: Die alten Kessel werden in den kommenden Jahren ersetzt. Da die involvierten Ampel-Parteien wiedergewählt werden möchten, werden Sie diese Wende großzügig mit Subventionen unterstützen. Hier entsteht ein mehrjähriger und stabiler Milliardenmarkt.
Technisch betrachtet wird im Mittelpunkt dieses neuen Marktes die Wärmepumpe stehen. In weiten Teilen Skandinaviens ist sie schon aktueller Stand in den Immobilien. Deutschland zieht nun nach und auch Südeuropa. Zwar benötigt man dort nicht so sehr die Wohnraumwärme, aber auch der Süditaliener duscht gerne warm. Außerdem funktionieren hybride Wärmepumpen auch hervorragend als Klimaanlage.
Die Heizwende ist ein wichtiger Bestandteil im Rahmen der europäischen Energie-Transformation. Das ist ein Milliardenmarkt im Billionenmarkt. In diesem Zusammenhang schaue ich mir gerade den Wärmepumpen-Spezialisten Daikin an. Aus eigener Recherche weiß ich, die Japaner sind im Gegensatz zur Konkurrenz ungefähr lieferfähig. Spannend finde ich ebenfalls Ariston aus Italien. Die haben zuletzt den deutschen Heizungsbauer Centrotec geschluckt und sind nun gut aufgestellt.
Ein Geheimtipp für den weitsichtigen Börsianer: Meyer Tobler aus der Schweiz. Das ist der Installateur oder Haustechniker in der langen Wertschöpfungskette. Bislang agiert man nur im Heimatmarkt. Das wird allerdings möglicherweise nicht so bleiben. Das börsen-notierte Handwerksunternehmen sollte man auf die Watchlist nehmen.
Sie sehen also, die europäische Transformation oder die europäische Klimawende wird viele Gewinner kennen. Befassen Sie sich jetzt zunächst mit der eigenen Heizung und setzen Sie dann Ihre erworbene Kompetenz als Börsianer um! Nichts ist lukrativer als eine Investition, die man wirklich verstanden hat.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Alexander von Parseval
Chefredakteur, Börse am Mittag
P.S.: Praxistipp ganz zum Schluss: Wenn Sie in Oberbayern oder im Allgäu leben, dann informieren Sie sich einmal über den Holzvergaser. Der heizt nämlich in unserer österreichischen Nachbarschaft schon ziemlich gut. Und die dortigen Heizungsbauer drängen zu uns. Es muss nicht immer Wärmepumpe sein. Ich wiederhole mich: Der Markt und seine Möglichkeiten sind groß.