Wird aus Inflation bald Deflation?

Sehr geehrter Leser,

können Sie mit anhaltender Inflation rechnen? Oder eher mit einem Trend hin zur Disinflation und möglicherweise sogar zur Deflation?

Das ist wahrscheinlich die wichtigste ökonomische Frage der Gegenwart.

Es handelt sich hierbei um mehr als nur konkurrierende Erzählstränge. Die Frage trifft den Kern der modernen Wirtschaftswissenschaften (den sogenannten neo-keynesianischen Konsens) und der Modelle, die in der ökonomischen Prognose genutzt werden.

Ehrlich gesagt, berührt sie den Kern der Wirtschaftswissenschaften generell und hilft dabei zu erklären, warum so viele Prognosen so dramatisch falsch liegen.

Das Narrativ der Inflation ist eindeutig. Die Inflation nahm von Mitte 2021 an Fahrt auf, bis sie im Juni 2022 ihren Höhepunkt mit einem 40-Jahreshoch erreichte.

Dieser Höchstwert lag in den USA bei 9,1%, eine Rate, die seit den frühen 1980er Jahren nicht mehr gesehen wurde. Gleichzeitig lag die Arbeitslosenquote bei etwa 3,4%, ein Wert, den man seit den späten 1960er Jahren nicht mehr gesehen hat.

Diese Kombination aus hoher Inflation und niedriger Arbeitslosigkeit schien die Gültigkeit der Phillips-Kurve zu bestätigen, welche eine inverse Korrelation zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit postuliert.

Demnach steigt die Inflation, wenn die Arbeitslosigkeit niedrig ist, und umgekehrt.

Die Argumente für Deflation

Das Narrativ der Deflation, welches auch die Disinflation einschließt, ist ebenso einfach zu verstehen. Ende 2021 begann die Federal Reserve sich zunehmend um die Inflation zu sorgen und entschied sich zu handeln.

Die Fed startete eine straffere Geldpolitik Anfang 2022 und verringerte die Geldbasis, indem sie auslaufende Hypotheken und US-Staatsanleihen nicht mehr erneuerte.

Die Geldpolitik wurde weiter verschärft durch zehn aufeinanderfolgende Zinserhöhungen, die im März letzten Jahres begannen und bis Mai dieses Jahres anhielten. Im Juni 2023 verzichtet die Fed auf eine Zinserhöhung.

Bei der letzten Zinsentscheidung im Juli wurden die Zinsen allerdings um weitere 0,25 % angehoben. Der Leitzins liegt damit künftig in einer Spanne von 5,25 % bis 5,50 %.

Auf der Pressekonferenz betonte Fed-Chef Jerome Powell, dass eine weitere Zinserhöhung im September möglich, aber nicht sicher sei.

Die straffere Geldpolitik der Fed scheint zu wirken. Die Inflation ist von 9,1% im letzten Juni auf 3,0% im Juni dieses Jahres gefallen. Das liegt zwar immer noch deutlich über dem Inflationsziel der Fed von 2%, stellt jedoch einen bedeutenden Fortschritt in Richtung dieses Ziels dar.

Es scheint, als müsste die Fed nur noch einmal die Zinsen erhöhen und dann geduldig abwarten, bis die Inflation auf die Zielrate der Fed fällt.

Wenn der Preis für diesen Erfolg eine leichte Rezession und eine höhere Arbeitslosigkeit sind, dann ist das ein Preis, den die Fed bereit ist zu zahlen.

Wenn Ihnen dieses zweijährige Inflations-Deflations-Narrativ zu sauber und ordentlich erscheint, dann liegen Sie vermutlich richtig.

Die gängigen wirtschaftlichen Modelle und einfachen Erklärungen versagen an mehreren Stellen. Tatsächlich ist das Versagen so weitreichend, dass es in Frage stellt, ob die Fed und die Mainstream-Ökonomen überhaupt wissen, was sie tun.

Die Phillips-Kurve ist Pseudowissenschaft

Zunächst besagt die Phillips-Kurve, dass sinkende Inflation von einer höheren Arbeitslosigkeit begleitet wird. Das ist jedoch nicht geschehen.

Die Arbeitslosenquote ist im Juli von 3,6 % auf 3,5 % gefallen. Damit liegt die aktuelle Rate auf einem Niveau, das seit den 1960er Jahren nicht mehr erreicht wurde.

Tatsache ist, dass die Arbeitslosenquote auch nach 16 Monaten geldpolitischer Straffung kaum gestiegen ist.

Die 1930er Jahre waren eine Periode hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Inflation. Die 1960er Jahre waren eine Periode niedriger Arbeitslosigkeit und niedriger Inflation. Die späten 1970er Jahre waren eine Periode hoher Arbeitslosigkeit und hoher Inflation.

Geschichte und Daten zeigen, dass es keine Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation gibt.

Wir müssen anderswo nach relevanten Faktoren suchen, die tatsächlich prognostischen Wert haben. Ebenso ist trotz der strafferen Geldpolitik der Fed keine Rezession in den Daten erkennbar.

Seit dem Ende der letzten Rezession sind 38 Monate vergangen. Das durchschnittliche jährliche Wachstum in diesem Zeitraum betrug

5,88 %.

Das Wachstum für das erste Quartal 2023 betrug 1,8 %. Das Wachstum für das zweite Quartal 2023 lag bei 2,6 %.

Es gibt zahlreiche Warnzeichen für eine Rezession, darunter eine inverse Zinsstrukturkurve, und ich erwarte bald eine Rezession. Aber sie ist noch nicht eingetreten.

Wenn die Arbeitslosigkeit niedrig bleibt, die Wirtschaft weiter wächst und die Aktienindizes trotz der historischen geldpolitischen Straffung der Fed in einer Blase sind, stellt dies die Modelle der Fed sowie den Mainstream-Neo-Keynesianischen Konsens in Frage.

Was läuft hier schief?

Der erste Fehler in den modellbasierten Prognosen ist das Versäumnis der Analysten, zwischen Inflation zu unterscheiden, die auf der Angebotsseite auftritt, und derjenigen, die auf der Nachfrageseite auftritt. Der Unterschied ist aus prognostischer Sicht entscheidend.

Die Psychologie des Verbraucherverhaltens

Die Inflation von 2021 bis 2023 war real, wurde aber durch Engpässe in der Lieferkette sowie Knappheit an kritischen Gütern und industriellen Inputs verursacht.

Die Störungen in der Lieferkette wurden durch beispiellose wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen aufgrund des Krieges in der Ukraine verschärft.

Diese Art von angebotsseitiger Inflation neigt dazu, sich selbst aufzuheben. Die hohen Preise führen zu einer reduzierten Nachfrage, die wiederum tendenziell die Preise senkt.

Wir sehen das jeden Tag, angefangen an der Zapfsäule, wo die Rekordpreise des Sommers 2022 deutlich entfernt liegen (obwohl sie immer noch höher sind als 2021).

Weitere Hinweise sehen wir in der Entscheidung der OPEC, die Ölproduktion zu drosseln, um die Preise zu stützen. Kurz gesagt, die Inflation war real, aber sie lässt bereits aus Gründen nach, die nichts mit der Fed zu tun haben.

Der zweite Fehler in den Modellen besteht darin, den Prozess nicht zu verstehen, durch den die Inflation von der Angebotsseite auf die Nachfrageseite wechseln kann, wenn die Inflation lange genug anhält.

Das ist eine Veränderung in der Psychologie der Verbraucher und zeigt sich im Verhalten. Weder die Psychologie noch das Verhalten werden durch Standardmodelle berücksichtigt.

Wenn eine inflationäre Psychologie in der Allgemeinbevölkerung Fuß fasst, kann sie sich trotz Rezession und sinkender Reallöhne selbst verstärken. Die Modelle zeigen das nicht, die Geschichte schon. Genau das ist in den 1970er Jahren passiert.

Inflation kann hartnäckig sein

Die Inflation begann damals auf der Angebotsseite mit dem arabischen Ölembargo von 1973 nach dem Jom-Kippur-Krieg. Die USA erlebten eine schwere Rezession von 1973 bis 1975 mit einer Spitzenarbeitslosenquote von 9,0 %.

Eine weitere Rezession folgte  im Jahr 1980 und eine dritte in den Jahren 1981 bis 1982, in der die Arbeitslosigkeit auf 10,8 % stieg. Diese letzte Rezession war die schwerste seit der Großen Depression.

Trotz drei Rezessionen in neun Jahren, zweistelliger Arbeitslosigkeit und zwei Aktienmarktcrashs erlebten die späten 1970er und frühen 1980er Jahre die höchste Inflation seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Bis 1981 war die Inflation auf 15 % gestiegen, und die Zinsen wurden auf 20 % angehoben, um die Inflation zu bekämpfen.

Der Begriff für diese Kombination aus geringem Wachstum und hoher Inflation ist Stagflation. Die 1973 auf der Angebotsseite begonnene Inflation war bis 1977 auf die Nachfrageseite gewandert und außer Kontrolle geraten. Rezessionen konnten sie nicht stoppen.

Selbst in Zeiten wirtschaftlicher Belastung reagieren Verbraucher auf Inflation in einer sinnvollen Weise. Sie ziehen ihre Einkäufe vor, weil sie erwarten, dass die Preise weiter steigen werden. Sie nutzen Kredite, um Sachwerte und Aktien zu kaufen, weil sie diese als sichere Häfen gegen die Inflation ansehen.

Einzelhändler erhöhen die Preise, um höhere Lohnkosten zu decken und Margen zu halten. Der gesamte Prozess nährt sich selbst. Und diese Selbsthilfe kann auch unter rezessiven Bedingungen fortgesetzt werden, wie es 1975 und 1981 der Fall war.

Stagflation hat sich bereits in Großbritannien abgezeichnet. Der Verbraucherpreisindex in Großbritannien liegt bei 7,9 %.

Gleichzeitig befindet sich Großbritannien an der Schwelle zu einer Rezession mit einem Wachstum von 0,1 % im ersten Quartal 2023 und einem prognostizierten Wachstum von 0,0 % für das zweite Quartal 2023.Stagflation ist also kein historischer Ausreißer. Sie ist eine gegenwärtige Realität.

Sind wir an diesem Punkt angelangt? Befinden wir uns in einer Welt, in der die menschliche Natur inflationäre Abwehrstrategien diktiert, die sich selbst nähren, trotz möglicher Rezession und geldpolitischer Straffung?

Wir sehen einige Anzeichen dafür. Darunter unter anderem die jüngsten Lohnsteigerungen für gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmergruppen.

Und es gibt viele ähnliche Beispiele. Wie lange wird es dauern, bis die Gehaltserhöhungen zu mehr Konsumnachfrage und höheren Einzelhandelspreisen führen, die die Lohnsteigerungen “weg-inflationieren”?

Die Lohn-Preis-Spirale ist im vollen Gange.

Nutzen Sie die folgende Strategie, um dem Tauziehen zwischen Inflation und Deflation zu begegnen

Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession und eines Einbruchs am Aktienmarkt ist groß. Gleichzeitig sind die Aussichten auf eine anhaltende Inflation und hohe Zinssätze ebenfalls beträchtlich. Diese beiden Phänomene sind nicht widersprüchlich, ungeachtet dessen, was die Standardmodelle sagen.

Wir haben sie bereits in den späten 1970er Jahren und auch in vorherigen Perioden gemeinsam erlebt.

Wir könnten daher mit einer Situation konfrontiert sein, in der die Inflation und Zinssätze länger höher bleiben, als die Wall Street und die Federal Reserve erwartet haben.

Angesichts der Unsicherheiten im Kampf zwischen Inflation und Deflation ist der beste Ansatz für Anleger eine diversifizierte Hantelstrategie, die Schutz gegen beide Szenarien bietet.

Ein Musterportfolio könnte beispielsweise Gold, natürliche Ressourcen und Energieaktien als Absicherung gegen Inflation enthalten, Staatsanleihen als Absicherung gegen Deflation und eine solide Liquiditätsreserve, um Liquidität und Flexibilität zu gewährleisten, sobald die Bedingungen klarer werden.

Ich werde diese Entwicklungen weiterhin genau beobachten und Sie als Leser auf dem Laufenden halten.

Mit freundlichen Grüßen

Jim Rickards

P.S.: Die Welt ist aus den Fugen geraten – und das auf eine Art, die nur wenige wirklich verstehen. Deshalb habe ich mir die Zeit genommen, die Mechanismen hinter den Kulissen zu enthüllen – damit sich jeder auf das vorbereiten kann, was als Nächstes passieren wird. Klicken Sie hier.

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