Liebe Börsianer,
die Ölbranche hat keinen guten Ruf. Umweltparteien in der westlichen Welt würden die Ölförderung lieber heute als morgen verbieten. Früher konnten Politiker in den USA Wahlen gewinnen, indem Sie eine Ausweitung der Ölförderung in Aussicht stellten. Das ist heute anders. Das Thema ist zu einem politischen No-Go-Area geworden.
Doch die Welt kann nicht ohne Öl auskommen. Der Rohstoff ist nicht nur ein wichtiger Treibstoff für unsere Fortbewegung, sondern auch ein Grundstoff für die chemische Industrie und zur Herstellung zahlreicher Produkte nötig. Selbst wenn alle Autos ab sofort elektrisch fahren würden (wobei ungeklärt ist, woher der dafür benötigte Strom kommen soll), wird Öl immer noch in rauen Mengen im Transportsektor für LKW, Flugzeuge und Schiffe benutzt. Und ohne Öl würde es viele Plastik-Arten, die wir täglich verwenden, nicht mehr geben. Die globale Nachfrage nach dem Rohstoff ist in den vergangenen Jahren trotz aller politischer Initiativen sogar gewachsen.
Das Zusammenspiel von hoher Nachfrage nach Öl und dem politischen Willen, die Ölförderung einzuschränken, schafft besondere Investitionsmöglichkeiten in der Branche. Dafür müssen wir uns ein wenig mit der Arbeit der Ölunternehmen beschäftigen.
Die Förderung von Öl kann nicht auf Knopfdruck erhöht werden. Es bedarf häufig jahrelanger Explorationsprojekte, bevor ein neues Ölfeld gefunden und erschlossen werden kann. Dann kostet es riesige Summen die nötige Infrastruktur aufzubauen, um das Öl effizient aus dem Boden zu holen und zu den Raffinerien und Chemiewerken zu bringen, die es verarbeiten. Häufig werden dafür hunderte Kilometer Pipelines verlegt oder sogar komplett neue Fabriken aufgezogen.
Wenn die Ölquellen einmal sprudeln und die Infrastruktur aufgebaut ist, dann sprudeln auch die Gewinne. Es kommen viele Jahre der „Ernte“, in denen die Unternehmen ihre hohen Investitionen wieder hereinholen können.
Im aktuellen politischen Umfeld wird jedoch kaum noch investiert. Niemand will das Risiko jahrelanger Investitionen eingehen, wenn eine politische Entscheidung die Gewinne im nächsten Moment mit einem Pinselstrich der Unterschrift unter ein neues Gesetz wegstreichen könnte.
Die Folge ist, dass immer weniger Geld in die Ölförderung investiert wird. Die Konzerne, die normalerweise einen großen Teil ihrer Erlöse für die Entdeckung und Erschließung neuer Ölquellen ausgegeben haben, sitzen auf einmal auf riesigen Summen an Bargeld.
Viele Konzerne bauen mit einem Teil des Geldes ein Portfolio an erneuerbaren Energien aus und errichten beispielsweise große Windparks. Sie erschaffen gewissermaßen ein zweites Unternehmen mit einem anderen Geschäftsmodell unter ihrem Dach und leiten Gelder dorthin um. Damit sorgen sie für politische Akzeptanz und machen sich weniger angreifbar für Umweltaktivisten. Dennoch bleibt viel Geld übrig.
Dieses Geld wird an die Aktionäre verteilt, meist in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen. Derzeit laufen bei fast allen großen Ölkonzernen milliardenschwere Rückkaufprogramme. Im Ranking der Dividendenrendite liegen die Ölmultis ohnehin bereits seit Jahren vorn. Welche Unternehmen am besten aufgestellt sind und die höchsten Renditen für die Aktionäre bieten, hat mein Kollege Marc Lichtenfeld recherchiert. Am Mittwoch sende ich Ihnen einen Link zu seinem Dividenden Club – dort finden Sie renditestarke Dividendenzahler.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander von Parseval
Chefredakteur Börse am Mittag
P.S. Morgen lernen Sie an dieser Stelle, meinen ganz persönlichen Favoriten aus der konventionellen Energiebranche kennen. Der Clou an diesem Unternehmen: Es profitiert sogar, wenn die Ölpreise fallen. Bleiben Sie also am Ball!