Die Bankaktien reagierten immens deutlich auf den im Vorfeld als höchst unwahrscheinlich angesehenen BrExit. Der Grund: Die Anleger fürchten, dass sich viele Unternehmen aufgrund der nun entstandenen Planungsunsicherheit mit Finanzierungen zurückhalten werden, zudem verdienen europäische Banken auch in England ihr Geld. Damit habe man nun einen zusätzlichen Belastungsfaktor, der neben den negativen Renditen am Anleihemarkt auf die Erträge der Geldhäuser drückt. Das klingt logisch, aber:
Probleme? Haben alle.
Das Votum der Briten bedeutet ja nicht, dass Großbritannien nun aufhört, als Wirtschaftsfaktor zu existieren oder dort auch nur eine Rezession blüht. Letzteres wäre nur zu befürchten, wenn die Briten die durch den BrExit entstehenden Chancen nicht nutzen würden. Dass man an der Börse jedoch eher glaubt, dass das UK aus dieser Entwicklung als Sieger hervorgeht, zeigt sich darin, dass die Londoner Börse die Scharte, die das Referendum in die Kurse geschlagen hat, bereits ausgewetzt hat – als einziger der großen Börsenplätze.
Sicherlich wird das Geschäft mit Großbritannien ohne die vertraglichen Bindungen als EU-Mitglied komplizierter. Aber die Commerzbank ist da in einem moderaten Umfang involviert. Schwieriger ist die Thematik des Zins-Schwunds und der dadurch unter Druck stehenden Marken – aber dieses Problem haben alle Banken. Die Ertragslage ist schwierig, keine Frage. Und es ist nicht absehbar, wie gut das Unternehmen damit in den kommenden Jahren zurande kommen wird. Aber das gilt eigentlich für alle Unternehmen – der Bankenbranche ebenso wie anderer Branchen.
Die nötige Zeit mitbringen
Wenn man sich überlegt, welche Herausforderungen die Commerzbank bislang hat meistern können und man sich zugleich den langfristigen Chart ansieht, kommt einem durchaus der Gedanke, dass die jetzt erfolgende Annäherung an das bisherige Rekordtief aus dem Jahr 2013 (5,56 Euro) eine Chance darstellt. Und ja, wir meinen: Es ist eine Chance. Aber!
Chance bedeutet nicht, dass man hier nun eine Garantie hätte, dass dieses „alte“ Tief halten und die Aktie von hier aus wieder nach oben laufen muss. Mittel- und langfristig ist das die wahrscheinlichere Variante. Aber wenn man hier nun zugreift, sollte man das auch mit genau diesem Zeithorizont tun. Wer traden will, wer schnelle Gewinne abzugreifen versucht, muss mit kurzfristigen Trends agieren und nicht antizyklisch handeln.
D.h. dazu müsste die Aktie erst einmal die Kurve nach oben bekommen haben und kurzfristige Widerstände bezwingen, da würde sich ein Bereich um 6,50 Euro als Orientierung für einen Long-Einstieg anbieten. Also noch einmal: Das aktuelle Niveau ist für langfristige Anleger eine Option, um sich kleine Positionen ins Depot zu legen. Aber man sollte wissen, dass es seine Zeit dauern kann, bis man dann die Ernte einfahren kann!
Offenlegung gemäß möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in dem besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.