Manche Investoren hatte befürchtet, dass die anziehende Nachfrage dazu führen würde, dass viele zeitweise stillgelegte Produktionsstätten wieder in Betrieb gehen und das Angebot deutlich erhöhen würden, so dass die zuvor wochenlang nur noch gefallenen US-Öllagerbestände wieder steigen würden. Es scheint, diese Anleger haben Recht gehabt.
Denn vorhin, um 16:30 Uhr, wurden nun wie schon in der Vorwoche wieder steigende Lagerbestände gemeldet. Es ging nicht dramatisch nach oben, nur um 1,4 Millionen Barrel. Aber das wäre nun dennoch eine Basis, um den scharfen Abstieg bei Rohöl – hier im Chart Rohöl Brent – noch zu intensivieren und die wichtige charttechnische Unterstützung um 39 US-Dollar zu brechen. Eigentlich.
Doch eine Stunde nach Bekanntgabe der Daten zeichnet der Chart ein völlig anderes Bild: Die Kurse steigen. Wieso? Ist das nicht unlogisch? Würde man davon ausgehen, dass die Kurse am Ölmarkt stur auf einlaufende Daten reagieren, dann wäre es das. Tun sie aber nicht. Gerade am Ölmarkt ist die Zahl und die Kapitalkraft kurzfristiger Trader ebenso gewaltig wie z.B. am Devisenmarkt. Und das bekommt man immer wieder zu spüren.
In diesem Fall kann es z.B. sein, dass kurzfristige Trader diese Daten als Gelegenheit ansahen, nach diesem scharfen Abstieg des Ölpreises in den vergangenen zwei Wochen einfach mal Gewinne auf der Short-Seite mitzunehmen. Und das hat, vielen ist das gar nicht bewusst, denselben Effekt, als würde man in einem Aufwärtstrend Gewinne mitnehmen: Die Kurse marschieren in die Gegenrichtung.
Denn um Short-Positionen „glattzustellen“, muss man Long gehen. Warum? Weil man Short-Positionen im Future nicht einfach „verkaufen“ kann. Sie bleiben bis zum Ende der Laufzeit des Futures, den man gehandelt hat, existent. Der einzige Weg, sich den nun erreichten, günstigen Kurs als Gewinn zu sichern ist, ein Gegengeschäft einzugehen, indem man in der Größenordnung, die man „fixieren“ will, Long-Positionen aufbaut. Damit wären diese Futures-Positionen auf dem Level, zu dem Long gegangen wurde, neutralisiert und der Gewinn gesichert.
Den intensiven Abwärtstrend bei Rohöl Brent bricht das aber bislang nicht ansatzweise. Das Kursziel um 39 US-Dollar bleibt erhalten, der Abwärtstrend intakt, solange der Kurs nicht über die nun zum Kreuzwiderstand gewordene Zone aus den Zwischentiefs vom Mai und der 200-Tage-Linie bei 44,80/45,25 US-Dollar hinausläuft. Dieses „Unverhofft kommt oft“ heute Nachmittag, das man bei trading-dominierten Märkten oft erlebt, ist also noch keineswegs eine Basis, hier nun auf Hausse zu setzen.
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