Da waren einige Anleger dann doch ein wenig vor den Kopf gestoßen. Eigentlich waren sich die meisten sicher, dass die sehr schwach ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten für Mai, die am Freitag veröffentlicht wurden, die US-Notenbank daran hindern würden, die Leitzinsen in ihrer nächsten Sitzung Mitte kommender Woche anzuheben. Immerhin hatte man im Protokoll der letzten US-Notenbank-Sitzung von Ende April lesen können, dass man dazu tendiere, die Zinsen im Juni erneut anzuheben, vorausgesetzt, die sich damals abzeichnende Belebung der US-Wirtschaft werde sich konstant fortsetzen.
Mit diesen Arbeitsmarktdaten schien das vom Tisch. Aber in einer Rede in Philadelphia sagte die Chefin der US-Notenbank, Janet Yellen, gestern Abend unter anderem sinngemäß, dass die positiven Entwicklungen der Weltwirtschaft die negativen überwiegen und sie weiterhin mit einer schrittweisen Anhebung der US-Leitzinsen rechne. Wobei man solche Zinsschritte mehr in einem mittelfristigen Kontext sehen und nicht abhängig von einzelnen Daten machen sollte. Das klang verblüffend, denn es wirkte, als wolle Yellen die Relevanz der schwachen Daten vom Arbeitsmarkt herunterspielen, also von dem Bereich der US-Wirtschaft, den sich die Notenbank als vorrangig maßgeblich für ihr Urteil über die Stärke der US-Wirtschaft ausgesucht hat.
Könnte diese Zinserhöhung längst eine hinter dem Vorhang beschlossene Sache sein, die man nun nicht mehr kippen will? Die Aussagen vom Mrs. Yellen sorgten dafür, dass sich die Kursgewinne der US-Indizes, hier im Chart der Handelsverlauf des marktbreiten S&P 500-Index am Montag, kurz vor 19 Uhr plötzlich drastisch verringerten. Aber Sie sehen auch: Diese Abschläge wurden zum Handelsende wieder aufgeholt, der Index schloss unweit des Tageshochs und bleibt damit kurzfristig bullish. Die US-Anleger scheinen momentan alles wegstecken zu wollen. Aber ein wenig Vorsicht erscheint dennoch geboten, denn der Krug geht so lange zum Brunnen …