Die EZB konnte heute nur insofern überraschen, als es für die Anleger keinerlei Überraschungen gab. EZB-Chef Mario Draghi gelang es in der Pressekonferenz am Nachmittag, die Gesamtsituation als im Griff und auf gutem Wege darzustellen und die Effektivität der bisherigen Maßnahmen zu loben, zugleich aber zu unterstreichen, dass man bereit sei, zu handeln, sollte dies nötig werden … was es aber im Moment nicht sei.
Das ließ die Anleger ohne Antwort auf die Frage zurück, ob man nun noch mit weiteren Maßnahmen rechnen könne oder die Konstellation nun über einen längeren Zeitraum bleiben werde, wie sie ist. Und damit fehlte es nun auch an der Antwort auf die Frage, ob der DAX sich von der nun erreichten, wichtigen Unterstützungszone aus nach oben in Richtung 10.500/10.800 Punkte absetzen kann oder sie im Gegenteil durchbricht und in Richtung 9.800 bis gar 9.500 Punkte abdriftet.
Da richtete sich die Hoffnung auf eine Wegweisung durch die um 17 Uhr, einen Tag später als üblich, veröffentlichten Daten zu den US-Rohöl-Lagerbeständen. Diese kamen zum dritten Mal innerhalb der letzten vier Wochen mit einem Minus auf den Tisch, d.h. die Bestände sanken. Zwar nicht so deutlich wie von den Analysten erwartet – aber die Richtung passte. Rohöl, zuvor relativ deutlich im Minus, holte schnell auf und wirkte zumindest für die US-Börsen als Motivation, anfängliche Verluste bis zum Handelsende in Europa nahezu komplett aufzuholen. Nur:
Für eine charttechnische Entscheidung beim DAX reichte auch das nicht aus. Sie sehen im Chart: Der deutsche Leitindex bleibt oberhalb der wichtigen Auffangzone 10.100/10.165 Punkte, konnte sich aber auch noch nicht nach oben bewegen. Was bedeutet: Die ersten beiden Matchbälle in Form der EZB-Pressekonferenz und der US-Öllagerbestände konnten weder die Bullen noch die Bären verwerten. Jetzt kommt es also auf den dritten an – und das wird morgen um 14:30 Uhr die Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten sein. Wir bleiben für sie am Ball!