Wir hatten es unlängst an dieser Stelle schon einmal hervorgehoben: Externe Aspekte wie Zinsperspektive, Konjunkturdaten, Währungsverschiebungen oder Unternehmensergebnisse beeinfussen zwar den Aktienmarkt. Aber wie groß dieser Einfuss ist, bestimmen die Anleger am Ende selbst. Wenn die Grundstimmung am Markt positiv bleibt, können auch negative Fakten verdaut werden – und die Aktienkurse weiter steigen. Genau dieses beeindruckende Phänomen sehen wir aktuell an der Wall Street:
Die Konjunkturdaten der letzten Wochen waren tendenziell schwächer. Noch im März und April hatte man vermutet, dass die US-Wirtschaft eine nachhaltige Belebung erfahren würde. Danach sieht es jetzt nicht mehr aus, vor allem die am Freitag veröfentlichten, extrem schwachen US-Arbeitsmarktdaten waren in dieser Hinsicht wie eine kalte Dusche, auch, wenn die Arbeitslosenrate selbst deutlich sank. Denn man erkannte sehr wohl, dass letzteres eher ein statistisches Phänomen war. Die aktuelle Lage wurde durch die nur 38.000 neu geschafenen Arbeitsplätze (die Durchschnitts-Prognose der Analysten lag bei 155.000) wiedergespiegelt. Trotzdem gelang es, anfänglich deutliche Kursverluste beim Dow Jones ebenso wie bei den anderen großen US-Indizes markant einzudämmen. Und das nicht zum ersten Mal.
Das Positive in „bad news“ fnden
Der Chart zeigt den Dow Jones über den Verlauf der letzten fünf Handelstage auf 15-Minuten-Basis. Man erkennt gut, dass es zwischen Dienstag und Freitag zwar anfänglich immer wieder Abgabedruck gab, dieser aber regelmäßig auf Käufe traf. Am Dienstag noch zögerlich und erst gegen Handelsende, danach immer zügiger und entschlossener. Man sagt da gerne lapidar: „Der Markt will nach oben.“ Aber es ist nicht „der Markt“, der irgendetwas will oder tut, sondern es sind die Investoren, die die Kurse und damit die Trends machen. Und die sind momentan willens, bei jeder negativen Nachricht nach einer Möglichkeit zu suchen, daraus etwas Positives zu ziehen.Was gerade bei diesen US-Arbeitsmarktdaten auch möglich war, denn:Schwache Konjunkturdaten werden die US-Notenbank nun wahrscheinlich davon abhalten, im Zuge ihrer nächsten Sitzung am 14./15. Juni eine erneute Anhebung der Leitzinsen vorzunehmen. Das war zuletzt als fast sicher angesehen worden, nun kam die „Rettung“ in Form dieser Schwäche am US-Arbeitsmarkt. Hinzu kam, dass der US-Dollar durch die plötzlich gesunkene Zinsperspektive markant unter Druck geriet – und je schwächer die eigene Währung, desto besser ist das für die Exporteure.
Europa bleibt – noch? – außen vor
Da das jedoch bedeutet, dass der Euro zugleich im Verhältnis zum US-Dollar stieg und man in Europa keinen Vorteil davon hat, wenn die US-Notenbank die Zinsen niedrig lässt, haben die Börsen der Eurozone bislang Mühe, diese Stabilität der US-Aktienindizes nachzuvollziehen. Dort jedoch bleibt man bislang recht eisern dabei, jede Schwächephase zum Einstieg zu nutzen. Und angesichts des geringen Abstands zu den bisherigen Allzeithochs als letztem charttechnischen Widerstand (beim Dow Jones liegt das Rekordhoch bei 18.351 Punkten) ist es durchaus möglich, dass diese stur optimistische Einstellung der Anleger die Basis zu neuen Hochs und einem bullishen Sommer ist!
Wir wünschen eine erfolgreiche Handelswoche!
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