Um 14:30 Uhr werden wir wissen, wie die EZB die aktuelle Lage in der Eurozone beurteilt und welche Maßnahmen sie über die bestehenden hinaus ergreifen wird, um das Ziel, die Teuerungsrate ihrem Zielbereich von zwei Prozent anzunähern, zu erreichen. Doch es wird nur die erste einer ganzen Reihe von Entscheidungen, Statements und Terminen sein, die die Kurse in den kommenden drei Wochen in Wallung bringen werden. Es folgen die Entscheidungen der Notenbanken in Japan und den USA, zudem steht der große Verfalltermin an den Terminbörsen morgen in einer Woche an.
Doch nicht nur das sollte davon abhalten, die heutige Reaktion auf die EZB als wegweisend für die kommenden Wochen anzusehen. Wichtiger noch ist, dass das, was DAX, Euro und die Anleihen als unmittelbare Reaktion darauf zeigen, keine tatsächliche Bewertung dieser Entscheidungen ist. Das klingt wie Unsinn, ist aber nicht so. Man muss eines bedenken:
DIE TRADER BOXEN DEN TAGESTREND AUS
Kurzfristige Trader, auch ganz große „Zocker“ z.B. in Form von besonders spekulativ agierenden Hedgefonds, werden von solchen Terminen angezogen wie die Motten vom Licht. Sie werden allesamt gleichzeitig in dem Moment aktiv, wenn EZB-Chef Draghi nachher in der Pressekonferenz zu sprechen beginnt. Dabei versuchen sie nur zu erreichen, dass ihre Positionen weiter in die Gewinnzone laufen, indem sie diese in diesem Augenblick massiv verstärken. Wer Long ist, geht noch mehr Long. Wer Short ist, geht noch mehr Short. Was Draghi sagt und wie man das im Gesamtbild bewerten sollte, darauf achtet bei dieser Klientel niemand.
Wenn die bullishe Seite stärker ist und entschlossener agiert, wird der DAX steigen. Zunächst. Dann wird man schnell sehen, ob das Gewinnmitnahmen bei diesen bullishen Tradern auslöst, die größer sind als die in diesem Moment bestehende Nachfrage auf der Long-Seite. Kippt ein erster Anstieg, wird es spannend. Denn dann müsste zügig neue Nachfrage auftauchen. Wenn nicht, kann der Index über die Futures plötzlich in die Gegenrichtung sausen. Dabei reden wir hier von den ersten Minuten, ja womöglich Sekunden nach dem Moment, in dem klar wird, ob die EZB etwas unternimmt und was das dann konkret wäre.
BEGRÜNDEN LÄSST SICH IM NACHHINEIN ALLES
Danach erst kommen die weniger kurzfristig agierenden großen Adressen ins Spiel. Aber die folgen dann mit ihren Aktionen in der Regel der „Richtungsentscheidung“, die durch die großen Trader über die Futures ausgeboxt wurde. Dass dann eine wenig rationale Reaktion auf die EZB dabei herauskommen kann, erkennt man oft auch daran, dass Aktienindizes, Euro, Anleihen und Gold sich dann zeitgleich in Richtungen bewegen, die einfach nicht zueinander passen mögen.
Dass dieser Aspekt irrationaler Reaktionen den meisten Anlegern gar nicht bewusst ist, liegt daran, dass die Medien im Nachhinein mit scheinbar logischen Begründungen daherkommen, warum der DAX nun stieg oder fiel. Denn das lässt sich immer zusammenreimen. Beispiel:
Die EZB erhöht das Volumen der Anleihekäufe. Steigt der DAX, wird es heißen, dass die Anleger diese Maßnahme begrüßen, weil sie darauf vertrauen, dass so das Wachstum wiederbelebt wird, die Unternehmensgewinne steigen und somit Aktien nun ein klarer Kauf seien. Fällt der DAX, wird man erklären, dass die Anleger erkennen, dass die wirtschaftliche Lage schlimmer sei als gedacht, sonst hätte die EZB ja keine weiteren Maßnahmen ergreifen müssen. Zudem hätten schon so viele im Vorfeld auf die EZB-Entscheidung gekauft, dass es völlig logisch sei, dass nun Gewinnmitnahmen auftauchen, die ihn drücken.
Fallen Sie nicht auf solche „Nachrichten“ herein. Es sind (fast) immer nur die Trader, die an solchen Tagen die Richtung vorgeben, der Rest folgt meist willenlos. Und genau das wird sich bei all den oben genannten Terminen bis Freitag nächster Woche wiederholen. Und immer ist offen, wie dieses Ringen um den Tagestrend ausgeht. Daher kann die heutige Reaktion auf die EZB zwar Richtungweisend sein. Aber sie muss es nicht!
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