Die Logik, mit der man am Devisenmarkt arbeitet, ist im Prinzip nachvollziehbar. Wobei sie nicht immer greift. Mal hält man sich an das übliche Denkmodell, mal wird es auch einfach über den Haufen geworfen, weil große Adressen eine Bewegung erzwingen oder aber politische Einflüsse eine Währung ziehen oder drücken. Momentan kann man jedoch geistig durchaus mithalten, warum die Relation Euro/US-Dollar tut, was sie eben tut. Was allerdings für das Wachstum der Eurozone nicht gerade unterstützend wirkt. Denn durch die Maßnahmen der EZB letzten Donnerstag und das Statement der US-Notenbank gestern Abend hat der Euro nun wieder Fahrt nach oben aufgenommen. Und das ist unerfreulich für die Exportindustrie der Eurozone.
Je stärker die eigene Währung, desto teurer werden dadurch die Waren im Ausland. Sie verkaufen sich tendenziell schwerer, während die der Konkurrenz, in diesem Fall der US-Unternehmen, günstiger werden, denn ihre Währung wird im Ausland billiger. Kurz: Der Euro steigt, der US-Dollar fällt, was in der üblichen Darstellung der Euro/US-Dollar-Relation bedeutet: Diese steigt, sprich man muss nun aktuell mehr, nämlich etwa 1,1280 US-Dollar, für einen Euro bezahlen. Warum? Da kommen wir zur „Devisenmarkt-Logik“:
ZINSPERSPEKTIVE ENTSCHEIDEND
Basis dieser Denkweise ist das Zinsniveau bzw. die Zinsperspektive. Je höher die Zinsen, desto attraktiver werden Anleihen eines Landes. Auch für ausländische Investoren. Die aber können solche Anleihen ja nur erwerben, wenn sie über die nötige Währung verfügen. Die muss man somit erst einmal „kaufen“. Das heißt: Je höher der Zins bzw. die Erwartung eines höheren Zinses, desto mehr wird diese Währung von ausländischen Investoren nachgefragt. Und je höher die Nachfrage, desto höher der Kurs. Dabei geht es nicht nur um das absolute Zinsniveau oder die Erwartung von steigenden Zinsen. Man bezieht sich da auch auf Verschiebungen in der Relation zwischen zwei Märkten. Und das trieb zuletzt den Euro. Konkret:
Durch diesen Rundumschlag der EZB und die Bemerkung Draghis, die EZB rechne nun eigentlich nicht mit weiteren Zinssenkungen, ist die Perspektive sinkender Zinsen in der Eurozone reduziert worden. Bis hierhin und dann wohl erst einmal nicht weiter, interpretierte man daraus. Das führte dazu, dass der Euro am Donnerstag nur ganz kurz durchsackte, dann aber stieg, weil die Investoren nun keine Perspektive mehr sahen, weiter auf fallende Eurozone-Zinsen und damit auf einen mit fallenden Euro zu setzen.
DER EURO HAT WIEDER LUFT NACH OBEN
Als nun gestern die US-Notenbank ihre Fed Funds Projection Rate herunternahm, wurde auch noch die Perspektive auf steigende US-Zinsen gedämpft. Das hieß: Euro-Zinsen nun nicht mehr fallend, US-Zinsen weniger steigend = eine Verschiebung der Zinserwartung, indem die Schere zwischen den erwarteten Euro- und US-Zinsen kleiner wird. Das hieß nach dem „Stopp“ der Euro-Baisse-Spekulation letzte Woche nun sogar eine US-Dollar-Short-Spekulation zu beginnen, was den Dollar drückte und die Euro/US-Dollar-Relation höher trieb.
Diese hat dadurch nun nach ihrem ersten Schub nach oben letzte Woche einen Rücksetzer abgeschlossen, der unmittelbar oberhalb der wichtigen Gleitenden Durchschnitte der letzten 20 und 200 Tage beendet werden konnte. Solange diese Rallye nicht gleich in den kommenden Tagen wieder abgefangen werden sollte, wäre damit aus rein charttechnischer Sicht der Weg erst einmal Richtung 1,1375/1,1495, mittelfristig durchaus auch bis 1,17 UD-Dollar und darüber frei.
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