Es reicht, Onkel Sam!

Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

die USA haben in ihrem Bemühen, Russland für die Invasion in der Ukraine zu bestrafen, das aggressivste Sanktionsregime aller Zeiten eingeführt.

Die erste Runde der Finanzsanktionen umfasste offensichtliche Angriffe wie das Einfrieren der US-Konten russischer Banken und Oligarchen. In der zweiten Runde wurde der Einsatz erhöht, indem die Dollarkonten der russischen Zentralbank selbst eingefroren wurden. Diese Maßnahme war beispiellos, sie wurde bisher lediglich bei Schurkenstaaten wie Iran, Nordkorea und Syrien angewandt.

Plötzlich war die Zentralbank der neuntgrößten Volkswirtschaft der Welt und des drittgrößten Ölproduzenten mit einem BIP von über 2,1 Billionen Dollar vom globalen Zahlungsverkehrs- und Bankensystem ausgeschlossen.

Die Sanktionen gingen über den Finanz- und Bankensektor hinaus und umfassten auch Verbote für russische Exporte, den Ausschluss Russlands von den Versicherungsmärkten (als Möglichkeit, Öllieferungen effektiv zu unterbinden) und Verbote für wichtige Exporte nach Russland, darunter Hightech-Geräte, Halbleiter und beliebte Konsumgüter.

Große US-amerikanische und andere westliche Unternehmen, von Shell Oil bis McDonalds, wurden unter Druck gesetzt, ihre Aktivitäten in Russland einzustellen, was viele auch taten.

Halten Sie mich da raus

Aber ein großer Teil der übrigen Welt hat sich geweigert, sich den Finanzsanktionen der USA, der EU und der NATO anzuschließen. Dies wurde auf dem jüngsten G20-Gipfel der Finanzminister in Bengaluru, Indien, deutlich sichtbar.

Finanzsanktionen sind in den besten Zeiten schwierig zu verhängen. Sie erfordern eine umfassende Zusammenarbeit vieler Staaten, um ein Durchsickern von Informationen und Umgehungen zu verhindern, die die Sanktionen vereiteln würden.

Die USA wussten, dass sie auf Vasallenstaaten wie Deutschland, Frankreich, Japan und das Vereinigte Königreich zählen konnten, die sich den Sanktionen anschlossen.

Die G20-Finanzministerkonferenz war der perfekte Ort, um die Zusammenarbeit zu festigen und einen Konsens mit wichtigen Ländern wie Brasilien, Indien, China und Saudi-Arabien zu erreichen.

US-Finanzministerin Janet Yellen nahm an der G20-Veranstaltung teil und bemühte sich nach Kräften, eine einheitliche Front aller Teilnehmer gegen Russland zu bilden. Sie scheiterte.

Wichtige Wirtschaftsakteure wie China und Indien weigerten sich, der vorge­schlagenen Abschlusserklärung zuzustimmen. Erst zum zweiten Mal in ihrer Geschichte waren die G20 nicht in der Lage, ein Abschlusskommuniqué zu veröffentlichen, das gewöhnlich den Konsens der Teilnehmer widerspiegelt. Es gab keinen Konsens.

Stärke in Zahlen

Die USA mögen die größte Volkswirtschaft der Welt sein (25 Billionen Dollar), aber ihr Anteil am globalen BIP, gemessen als Prozentsatz der Gesamtmenge, ist geschrumpft, während große Entwicklungsländer wie Indien, Brasilien, China und Indonesien immer weiter aufholen.

Tatsächlich haben die vier größten Entwicklungsländer der Welt (China, Indien, Russland und Iran) zusammen ein größeres BIP als die Vereinigten Staaten.

Wenn die nächsten drei (Brasilien, Mexiko und Indonesien) in diese G7 der Entwicklungsländer einbezogen werden, wächst der Abstand zu den USA um weitere 4,6 Billionen Dollar. Zusammengenommen sind sie viel zu groß, um sie zu ignorieren.

Und es geht nicht nur um die Größe. Dieselben Entwicklungsländer und einige andere können die Weltmarktpreise für wichtige Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas und Sojabohnen sowie für Industriegüter wie Kraftfahrzeuge und Kommunikations­technologie beeinflussen.

Deshalb ist die Beteiligung dieser Volkswirtschaften an den von den USA angeführten Finanzsanktionen gegen Russland so wichtig.

Wenn sich diese Entwicklungsländer nicht beteiligen, bleiben viel zu viele Handelspartner Russlands übrig, als dass die Sanktionen jemals wirksam sein könnten. Und diese Nationen machen nicht mit.

Sorry, aber Geschäft ist Geschäft

Tatsache ist, dass die Welt viel zerrissener ist, als die USA erwartet haben. Es ist nicht so, dass diese Länder unbedingt Russlands Invasion unterstützen. Sie wollen nur nicht, dass die US-Sanktionen ihre Handelsbeziehungen mit Russland, von denen sie abhängig sind, stören. Sie sind nicht gewillt, ihre Wirtschaft wegen etwas zu schädigen, das sie nicht betrifft und das in vielen Fällen am anderen Ende der Welt liegt.

Sehen Sie sich Indien und China an. Sie sind die größten Abnehmer des Öls, das Russland sonst nach Europa verkauft hätte. China selbst verkauft Automobile, Halbleiter und Maschinen an Russland.

In der Zwischenzeit hat auch die Türkei ihre Exporte nach Russland stark ausgeweitet. Und der Iran verkauft Waffen an Russland, darunter „Kamikaze“-Drohnen, die wie Marschflugkörper in Zeitlupe funktionieren und über ihren Zielen verweilen können.

Abgesehen von den inhärenten Mängeln und Beschränkungen des von den USA geführten Sanktionsregimes, schwächt dieser Mangel an Kooperation seitens der großen Entwicklungsländer die Wirkung der Sanktionen erheblich. 

Der Bumerang der Sanktionen

Und je mehr diese neutralen Volkswirtschaften mit Russland Handel treiben, desto weniger brauchen sie den US-Dollar als Tauschmittel. Die US-Sanktionen scheitern also nicht nur, sie tragen auch zum langfristigen Niedergang des Dollars als führende Zahlungswährung der Welt bei.

Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wovor ich vor einem Jahr – kurz nach der russischen Invasion – gewarnt habe. Die Sanktionen sind nicht nur gescheitert (das russische Wachstum hat die Erwartungen bei weitem übertroffen, und der russische Rubel ist stärker als vor Beginn des Krieges), sondern sie haben sich als Bumerang für die USA und ihre Partner erwiesen.

Sie fügen den westlichen Volkswirtschaften Schaden zu und zersetzen die multilateralen Institutionen, die in den letzten fünfzehn Jahren seit der globalen Finanzkrise von 2008 sorgfältig aufgebaut worden sind.

Was werden die USA also als Nächstes tun? Das Versagen verdoppeln?

Wo sind die Erwachsenen?

Im Einklang mit einem gefährlichen Muster der Eskalation erwägen die USA sekundäre Boykotte gegen Drittstaaten. Das ist der Fall, wenn das Ziel der Sanktionen nicht der Feind direkt ist, sondern ein Staat der mit dem Widersacher auf eine Weise Geschäfte macht, die die USA nicht billigen. Eines der bekanntesten sekundären Boykottziele ist China.

China erwägt, Russland militärische Hilfe zukommen zu lassen, einschließlich Drohnen, die sich auf dem Schlachtfeld als äußerst effektiv erwiesen haben.

Die USA haben China gewarnt, dass sie „ernsten Konsequenzen“ erwarten können, wenn sie Russland solche Hilfe leisten, und dass die USA China „echte Kosten“ auferlegen werden.

Es ist nicht klar, wie wirksam die US-Sanktionen gegen China wären, wenn man bedenkt, dass Russland und China in den letzten Jahren eng zusammengearbeitet haben und dass China seine Wirtschaft ohnehin aktiv von der US-Wirtschaft abkoppelt (und umgekehrt).

Wahrscheinlicher ist, dass die gegen China verhängten Sekundärsanktionen Russland und China nur noch enger zusammenrücken lassen und die USA noch mehr an den Rand drängen.

Wir alle wissen, dass eine Eskalation an der militärischen Front höchst gefährlich ist und einen Atomkrieg auslösen könnte.

Aber eine Eskalation an der Finanz- und Wirtschaftsfront ist ebenso gefährlich und könnte zu einer weltweiten Rezession beitragen. Die US-Politiker scheinen zu dumm und zu kurzsichtig zu sein, um solche Folgen zu bedenken.

Wo sind die Erwachsenen?

 

Mit freundlichen Grüßen

Jim Rickards

P.S.: Falls Sie sich jetzt fragen, wie es für Sie in solch schwierigen Zeiten weitergehen soll, verzagen Sie nicht! Ich habe die Lösung für Sie in meiner aktuellen Präsentation zusammengefasst.

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