Wer den im Leitartikel angesprochenen Rat eines André Kostolany beherzigt und Geduld mitbringt, anstatt sich auf jede kurzfristige Bewegung zu stürzen, so permanent ein- und auszusteigen und damit oft mehr Gebühren zu zahlen als Gewinne zu erwirtschaften, muss seinen Blick über den Tellerrand hinaus auf die übergeordneten Trends richten um zu erkennen: Ist es eine gute Zeit, um einzusteigen oder aber, um zu verkaufen und die eine oder andere Gelegenheit auf der Short-Seite zu nutzen? Dazu sind langfristige Charts durchaus hilfreich. In ihnen erkennt man nichts mehr vom täglichen Auf und Ab, sondern sieht, ob sich das „große Pendel“ langsam in Richtung der Bären neigt oder die in den meisten Jahren ja durchaus aufwärts gerichtete Tendenz stabil ist.
Der Blick auf diesen DAX-Chart auf Wochenbasis, der über 20 Jahre abdeckt, zeigt: Momentan ist dieser übergeordnete Trend an einem Punkt, an dem er nach unten drehen könnte. Wenn man sich einmal der ansonsten höchst nützlichen, zahlreichen Werkzeuge der Chart- und Markttechnik entledigt und sich auf nur zwei Elemente konzentriert, wird das deutlich erkennbar. Diese zwei Elemente sind ein langfristiger Gleitender Durchschnitt in Form eines sogenannten „adaptiven GD“ und der schlichte Augenschein.
IM GROSSEN BILD IST WENIGER MEIST MEHR
Letzterer ist ja durchaus hilfreich. Man kann mit Wasserwaage und Zollstock genau nachprüfen, ob ein Bild schief hängt … aber eigentlich sieht man das auch so. Und so ist es auch mit einem Kursverlauf. Der Blick auf dieses ganz langfristige Bild zeigt: Das könnte nun was kippen. Und man erkennt auch sofort eine Art „Reißverschluss“, eine Naht, die die bullishe Seite des DAX von der bearishen trennt: Die Hochs der Jahre 2000 und 2007 um 8.150 Punkte. Würde der DAX darunter rutschen, wäre er wohl wieder auf der bearishen Hälfte des Kursbildes angekommen.
Das andere Instrument ist ebenso interessant wie nützlich. Ein adaptiver Gleitender Durchschnitt ist ein Durchschnittswert, der sich an die Marktphase anpasst. Im Fall des im Chart gezeigten GD reagiert dieser bei starken Trendphasen schnell, bei volatilen Seitwärtsbewegungen langsam auf Kursveränderungen. Sie sehen im Chart, dass ein Richtungswechsel im langfristigen Bild immer dann beginnt, nachhaltig zu werden, wenn dieser GD aus einer Seitwärtsbewegung die Richtung wechselt. Aktuell ist dieser GD für den DAX wieder in eine solche Seitwärtsbewegung übergegangen. Sollte er nach unten drehen, wäre das in Kombination mit einem Rutsch des Index unter die Naht“ bei 8.150 Punkten für mittel- und langfristige Investoren ein Signal, sich vorerst aus dem Aktienmarkt zu verabschieden bzw. auf der Short-Seite aktiv zu werden.
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