Ob sie will oder nicht, die EZB steht unter zunehmendem Druck, etwas zu unternehmen. Preisstabilität steht für die Europäische Zentralbank an erster Stelle ihrer Pflichten. Und diese ist unverändert nicht gegeben. Der Zielbereich von etwa zwei Prozent Teuerung ist weiter entfernt denn je. Denn auch, wenn der Konsum in Europa noch stabil bleibt, per Saldo sogar leicht wächst, bräuchte es im aktuell vorherrschenden Umfeld schon eines massiven Nachfrageanstiegs, um die Preise auch nur stabil zu halten. Grund: Der Preisverfall der Rohstoffe.
Die hier abgebildete Grafik des Statistischen Bundesamtes zeigt die Entwicklung der heute Früh um 8 Uhr veröffentlichten Importpreise. Obwohl der Euro niedriger notiert als vor einem Jahr und damit Importe aus anderen Währungsräumen dadurch leicht teurer werden, hat der dramatische Abstieg der Rohstoffpreise dafür gesorgt, dass die Kosten für die Unternehmen weiter sinken. Sie sehen, dass insbesondere der Einbruch der Ölpreise dafür gesorgt hat, dass die Importpreise im Januar ganze 3,8 Prozent unter dem Niveau vom Januar 2015 lagen. Was tun?
DIE VORFREUDE HÄLT SICH IN GRENZEN
Das Absurde an dieser Situation ist, dass der Abstieg der Rohstoffkosten ja eigentlich positiv wäre. Die Unternehmen können günstiger produzieren und erhöhen somit ihre Gewinnspanne, könnten dadurch höhere Löhne zahlen und so den Konsum fördern. Unter dem Strich wäre also für Regierung und Bürger alles bestens. Nur die EZB klagt, weil ihr Inflationsziel nicht erreicht wird. Muss das denn sein? Eine Frage, über die man lange diskutieren könnte. Vor allem, weil in diesem Preisverfall viel Spekulation steckt. Hätten sich die Bären bei Rohöl und den Industriemetallen ausgetobt, ginge die Reise auf einmal in die Gegenrichtung – die EZB müsste ja umgehend ihre Aktivitäten zurückschrauben.
Aber solange die EZB stur an diesem Ziel festhält, ist sie durch diesen Verfall der Rohstoffpreise genötigt, erneut aktiv zu werden. Was hieße, das Zinsniveau geriete noch weiter unter Druck. Und der Abstieg der Renditen bei Anleihen würde dem Sparer so nehmen, was er durch niedrigere Preise im Handel gewinnt. Profiteur wäre eigentlich vor allem dar Aktienmarkt. Aber obwohl man oft genug darauf gestoßen wurde, dass in der kommenden EZB-Sitzung am 10. März weitere Maßnahmen wahrscheinlich sind, reagieren die Aktienmärkte in Europa heute nicht erfreut. Was wiederum daran liegt, dass man ahnt, dass neue Maßnahmen der Notenbank diese Situation ebenso wenig bereinigen können wie all die Maßnahmen bisher.
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