Und wieder waren die Rohöl-Lagerbestände in den USA gestiegen. Das wiesen die gestern um 16:30 Uhr veröffentlichten Daten aus. Und wieder stiegen die Notierungen der Rohölsorten Brent, Western Texas Intermediate und Light Sweet Crude danach. Die Daten deuten auf immer weniger Nachfrage hin und die Kurse steigen? Ja. Weil sie vor allem durch ultra-kurzfristige Trader dominiert werden, die das Geschehen völlig kontrollieren. Das mündet in oft absurd wirkende Kursbewegungen, die sich rein an extrem kurzfristigen charttechnischen Marken orientieren. Und das wird nun langsam gefährlich. Nicht zuletzt deswegen, weil viele Trader am Aktienmarkt diesen Bewegungen blind folgen, weil sie da ein Muster entdeckt haben, auf das sie sich verlassen können. Denken sie. Aber überlegen wir mal:
Ist das nicht die fatalste aller möglichen Konstellationen? Die Daten weisen aus, dass die Schere zwischen Angebot und Nachfrage sich ausweitet, was darauf hindeutet, dass kein Wachstum herrscht bzw. dieses Wachstum weltweit dabei ist, sich in Richtung Rezession zu verflüchtigen. Gleichzeitig aber werden die Notierungen von Rohöl nach oben getradet. Von 28 US-Dollar im Januar auf in der Spitze zuletzt über 41 US-Dollar. Das heißt, ein entscheidender Rohstoff wird teurer, während die Wirtschaft kippt.
VIEL WEITER DARF ROHÖL NICHT STEIGEN
Die Kosten für die Unternehmen steigen somit ebenso wieder an wie für die privaten Haushalte. Je mehr für Energie bezahlt wird, ob nun in Form von Heizöl oder Kfz-Benzin, desto weniger bleibt für den übrigen Konsum. Und das drückt erst recht auf das kümmerliche, verbliebene Wachstum. Dieser Anstieg, der aufgrund dieser „Brücke“ zum Aktienmarkt zum Teil auch darauf basierte, dass große Trader am Terminmarkt durch gezielte Aktionen am „engeren“ Rohölmarkt (mit Erfolg) versuchten, eine Rallye an den Aktienmärkten zu provozieren, ist extrem kontraproduktiv. Dieser Aspekt wird von vielen Marktteilnehmern noch nicht gesehen, weil sie unterstellen, dass es doch kaum einen Unterschied macht, ob Rohöl nun 30 oder 40 US-Dollar kostet, wenn man das mit 100 und mehr US-Dollar vergleicht, die ein Barrel noch vor zwei Jahren kostete.
Doch da täuscht man sich. Damals sahen die Wachstumsraten der Weltwirtschaft noch weit besser aus, die Gesamtlage war stabiler, die Perspektiven ungetrübt. Und noch erkennen viele nicht, dass diese Rohöl-Rallye in keiner Weise darauf basiert, dass das Wachstum wieder anzieht. Die Nachfrage hat sich nicht verändert … nur die Kosten sind gestiegen. Das wäre in jedem anderen Bereich des täglichen Lebens eine Situation, die man sofort verstehen würde und in Sorge wäre. Nur an der Börse steht man manchmal, so seltsam das klingt, besonders lange auf der Leitung, weil man da nur zögerlich und widerwillig festgefahrene Denkmodelle hinterfragt. Achten sie auf den Ölpreis: Wenn der weiter steigt, wird er die Aktienmärkte auf einmal genauso drücken, wie er sie im Moment noch zieht!
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